Am 14. Oktober fand an der DSV ein virtuelles Zeitzeugengespräch mit Holger Timmreck und Marina Grasse statt. Dabei setzten sich die 11. und 12. Klassen im Rahmen ihres Geschichtsunterrichts mit der Fragestellung „War die DDR ein Unrechtsstaat?“ auseinander.
Nach einem Grußwort des Schulleiters Martin Gellert und einer kurzen Einführung des Geschichtslehrers Till Pechatscheck begann Herr Timmreck seinen Bericht.
Holger Timmrecks Kindheit war von den Folgen des Kritiksinns seines Vaters gegenüber dem DDR-Regime geprägt. Dieser war eines Tages von der Staatssicherheit verhaftet worden und blieb ein Jahr von der Familie getrennt.
Bereits als Schüler konnte Herr Timmreck die verbreitete Ideologie nicht einfach so hinnehmen. Diese Widerspenstigkeit führte dazu, dass ihm später das gewünschte Sportstudium verweigert wurde, zu dem er „nicht geeignet“ war.
Die Einsicht: „Ich bin aussortiert“- verhalf ihm zum Entschluss zur Flucht in den Westen. Mit 21 Jahren versuchte er, über die Grenze in die Tschechoslowakei zu gelangen, doch er wurde dabei festgenommen.
Herr Timmreck kam in Untersuchungshaft bei der Entrevista con testigos contemporáneos: "¿Era la RDA un “Unrechtsstaat”? El 14 de octubre tuvo lugar una conversación virtual con los testigos contemporáneos Holger Timmreck y Marina Grasse. Los III° y IV° Medios abordaron la pregunta "¿Era la República Democrática Alemana (RDA) un estado injusto/ilegítimo/ de no derecho/ no de derecho?? (“Unrechtsstaat”) en el marco de las actividades del ramo de Historia en Alemán. Después de un saludo de bienvenida del rector Martin Gellert y una breve introducción del profesor de Historia en Alemán, Till Pechatscheck, Holger Timmreck comenzó su intervención. La infancia de Holger Timmreck estuvo marcada por las consecuencias de la actitud crítica de su padre hacia el régimen de la RDA. Un día fue arrestado por miembros de la Stasi (Ministerio para la Seguridad del Estado) y permaneció separado de su familia durante un año. Desde su tiempo de colegio, Holger Timmreck no pudo aceptar la ideología generalizada con facilidad. Este rebeldía tuvo como consecuencia que más tarde se le negara los estudios deportivos deseados pues, se señaló que “no era apto”. Comprendió que por eso siempre estaría segregado y Staatssicherheit in Dresden. Als er dort aussagen musste, so schildert er heute, fiel ein großer Druck von ihm ab, denn er fühlte sich endlich frei, die Wahrheit zu sagen. Für ihn war die DDR ganz klar ein Unrechtsstaat.
Nach dieser Zeit im Zuchthaus wurde Herr Timmreck 1982 von der Bundesrepublik Deutschland freigekauft. Er konnte in den folgenden Jahren in Köln studieren und sein Berufsleben als Sportredakteur beginnen.
Herr Timmreck bot auch einige visuelle Eindrücke, zeigte seinen Entlassungsschein und mehrere Videos zu den Grenzsicherungsanlagen, Montagsdemonstrationen und der Öffnung der Mauer.
Er schloss mit dem Appell an die Schülerinnen und Schüler: „Jeder junge Mensch hat die Chance, das Leben in die eigene Hand zu nehmen. Das habe ich gemacht und es ist gut gegangen.“
Auch Frau Marina Grasse blickt auf einen spannenden Lebenslauf zurück. Ihr Großvater und Kindheitsheld war Mitglied der Kommunistische Partei und hatte die Zeit im Konzentrationslager Buchenwald überlebt. Das Motto in ihrer Familie lautete stets: „Nie wieder Krieg, Faschismus und Hunger“. Demgemäß ermutigte ihre Mutter sie immer dazu, mit offenen Augen durchs Leben zu gehen und Fragen zu stellen.
Es waren die 1968er Jahre, in denen Frau Grasses Blick auf das politische Geschehen ganz entscheidend schärfer wurde: Durch die Reformen in der Slowakei waren Hoffnungen aufgekeimt, den Sozialismus in der DDR mit Demokratie verbinden zu können. Dass nun aber das Militär zum Einsatz kam und der Prager Frühling einfach mit einer Erklärung, die alle unterschreiben sollten, für beendet erklärt wurde, dies konnte sie nicht mittragen.
Frau Grasse begann, sich in einem Gesprächskreis gemeinsam mit anderen DDR-Bürgerinnen und -Bürgern mit Reformen, sozialen Bewegungen und alternativen Bildungsansätzen zu beschäftigten.
Diese Gruppierung wurde Anfang der 1980er Jahre im Zuge der militärischen Aufrüstung zu einer Friedensbewegung, die nun auch begann, in der Öffentlichkeit zu agieren. Dieser „Pankower Friedenskreis“ rief zur politischen Selbstbehauptung und zum Mut zum Widerspruch auf, mit dem Ziel einer sich der Demokratie öffnenden Republik.
Die Demonstrationen in der DDR im Jahr 1989 griffen immer weiter um sich, es wurden Forderungen nach Bürgerrechten und Reisefreiheit laut. Ausschlaggebend hierfür waren vor allem die bekannt gewordenen Wahlfälschungen, die Solidarisierung der DDR-Regierung mit dem chinesischen Militär nach der gewaltvollen Niederschlagung der Protestbewegung in Peking und das Verschweigen der massiven Fluchtbewegung von vor allem jungen Leuten Richtung Westen.
Aus dem Ruf „Wir sind das Volk“ wurde später ein „Wir sind ein Volk“. Frau Grasse schildert, dass sich ein Teil der Menschen die Zugehörigkeit zur Bundesrepublik Deutschland herbeiwünschte, während ein anderer Teil fest an die Demokratisierung der DDR-Gesellschaft von innen heraus glaubte.
Nachdem die Grenze im November 1989 geöffnet wurde, verhandelte eine Interimsregierung die nächsten Schritte. Dabei engagierte sich Frau Grasse an einem Runden Tisch über Bildungsreformen.
1990 fanden vorgezogene Wahlen statt, bei denen die Konservative Allianz Deutschland mit 48% stärkste Kraft wurde.
Die Entscheidung zwischen Beitritt und Vereinigung fiel auf den Beitritt zur BRD, weshalb für Frau Grasse beim Nutzen des Begriffs „Wiedervereinigung“ Vorsicht geboten ist. In den beiden Staatsverträgen mussten alle Gesetzgebungen der DDR angepasst werden auf die Strukturen der BRD.
In der nun gewählten Regierung war Frau Grasse Gleichstellungsbeauftragte, bis sich dieses Amt dann gemeinsam mit der Regierung am 3. Oktober 1990 auflöste.
In den Jahren nach der Wende begründete Frau Grasse mit anderen Frauen einen Friedensverein und engagiert sich seitdem zur Förderung des Austauschs zwischen Frauen in Ost- und Westeuropa.
Zum Thema Unrechtsstaat resümiert Frau Grasse, die DDR sei eine Diktatur gewesen, in der es zu viel Unrecht kam, aber für sie sei sie kein Unrechtsstaat. Es habe eine Rechtsprechung und eine Verfassung gegeben; die Herrschaft sei nicht willkürlich, sondern ziemlich berechenbar ausgeübt worden: Wer sich staatsgefährdend verhielt, nahm ein Risiko auf sich, und wer in den Westen wollte, riskierte sein Leben. Die Bürgerrechte waren reduziert, doch die Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit existierte.
Nach diesen bewegenden Einblicken in die Lebensgeschichte unserer Gäste konnten die Zugeschalteten noch Fragen in die vom Geschichtslehrer Benjamin Grasse moderierte Diskussionsrunde einbringen. Dabei gaben die beiden Zeitzeugen unseren Schülerinnen und Schülern noch zwei wichtige Dinge mit für ihre Zukunft: Staatsbürgerliche Verantwortung übernehmen und immer wieder Fragen stellen.